Kirmesgesellschaft "Einigkeit" Langwaden 1932 e.V.
 
 

Kirmes Johann

K I R M E S J O H A N N

von  Marcel Hilgers ©

Fahren Sie einmal nicht an Langwaden vorbei, sondern die Dorfstraße entlang und machen halt am Dorfplatz. Dort sehen Sie, im Schatten des Schützenbaums die Statue eines Mannes im schwarzen Anzug samt Zylinder und hin und wieder mit einer Rose in der Hand – unseren Kirmesjohann.
Jetzt stellt sich der ein oder andere die Frage, wozu dieser Mann dort eigentlich steht. Der Schützenbaum ist klar, repräsentiert er doch anhand seiner Wappen die einzelnen Züge des Dorfes.
Seit jeher ist bzw. war es Brauch, an Tagen wie Schützenfest sich eine Art Legitimation für diese Tage zu besorgen. Nun dazu diente unser Kirmesjohann.
Wie in anderen Dörfern, Städten und Gemeinden auch, wird das Schützenfest im ganzbesondern Maße gefeiert, so freut sich doch ein jeder Schütze ein ganzes Jahr auf diese vier Tage im Jahr. Das an solchen Tagen auch die ein oder andere Sünde begangen wird, ist ohne jeden Zweifel. Jetzt braucht man jemanden den man für diese Ausrutscher verantwortlich machen kann, einen Sündenbock sozusagen.
Ein jeder kennt den Nubbel aus Köln zur Fastnachtzeit, den Hoppeditz aus Düsseldorf oder den Zachäus bzw. Kirmespitter. Diese werden nach Ende einer Saison für all die Sündenverantwortlich gemacht und erhalten Ihre Strafe.
Mit dem Kirmesjohann verhielt es sich da ganz ähnlich: Jedes Jahr, wenn es wieder so weit war Schützenfest zu feiern, wurde der Kirmesjohann gesucht. Wenn Sie die Dorfstrasse bis ganz zum Ende durchfahren, werden Sie auf ein Waldstück treffen. Nun, an jedem Samstag einer Saison versammelten sich dort alle Junggesellen, um gemeinsam in diesen Wald zu ziehen. Raus kommen durften sie erst, wenn sie den Kirmesjohann gefunden hatten.
Ihn einmal gefunden, wurde er aus dem Waldstück gezerrt und der Obrigkeit vorgeführt. Jetzt galt es, sich die Erlaubnis Kirmes feiern zu dürfen, einzuholen. Auf die Fragen hin „Wie viele Tage Kirmes haben wir?“ antwortete der Johann sparsam mit „Einen Tag Kirmes“. Um aber so richtig Kirmes feiern zu können ist ein Tag bei weitem nicht genug. Mit einem Hieb auf den Puckel wurden der Kirmesjohann etwas „großzügiger“ gestimmt. So hatte man nach dem ein oder anderen Hieb vier Tage Kirmes und konnte mit dem Kirmesjohann, hoch erhoben auf dem Rücken einer Leiter, ins Festzelt einziehen.

Nach Aussagen von Zeitzeugen sollen sogar schon einige Male „Aach Tach Kirmes und ene klene Nochschwärm“ gewährt worden sein.
Jetzt stand den Festtagen nichts mehr im Wege und man konnte ausgelassen feiern. Am Ende der Kirmes musste jedoch der Kirmesjohann für die Sünden der Schützen seinen Teil ableisten und dafür gerade stehen. In den letzten Stunden der Kirmestage wurde unser Kirmesjohann in einem mit Stroh ausgekleideten Grabe beigesetzt, um dann im nächsten Jahr wieder im Waldstück am Ende der Dorfstasse neu „gefunden“ zu werden.
Nun das alles ist dem ein oder anderen in einer individuellen Art sicherlich vertraut oder schon mal zu Ohren bekommen. Vielleicht stellen Sie sich jetzt die Frage, warum unser Dorf diesem Kirmesjohann eine Statue an einem so zentralen Platz errichtet hat. Die Antwort auf diese Frage ist einfach:

Entgegen dem Nubbel oder dem Hoppeditz, ist unser Kirmesjohann echt, oder besser gesagt er war es. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Im bürgerlichen Leben hieß er Johann Franzen und wohnte in der Nachbarstadt Wevelinghoven. Er war ein von allen sehr gemochter und geschätzter Junggeselle der mit seiner liebevollen Art die Herzen der Langwadener eroberte. Sein Markenzeichen war sein schwarzer Frack samt Zylinder, mit dem er sich auf Geburts - und Namenstagen sehen ließ, um seine Glückwünsche persönlich übermitteln zu können. Die Tatsache, dass er mehrere Besuche mit dem gleichen Blumenstrauß absolvierte ist eine seiner humorvollen Seiten. Alles im allen war er eine Persönlichkeit die sich tief in die Herzen der Langwadener Schützen und Bürger eingebrannt hat. Leider geht diese Erinnerung mit den kommenden Generationen verloren. Um sich aber stets an diesen Menschen und seine Bedeutung für unser Schützenfest zu erinnern, setzte der Jägerzug „Jong Boschte“ dieses einmalige und wunderschöne Denkmal.

Wenn Sie also das nächste Mal durch unser Dorf fahren, schauen Sie doch einmal in das liebevolle Gesicht unseres Kirmesjohann und erinnern sich ein klein wenig.

 

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Stand: 03. Juni 2013


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